Wenn du dich einmal genauer mit einer gesunden und ausgeglichenen Ernährung beschäftigst, wird dir bestimmt das Thema „Gluten und glutenfreie Lebensmittel“ begegnen. Denn Gluten hat in den letzten Jahren verstärkt einen negativen Ruf bekommen, aber warum eigentlich?
Um diese Frage zu beantworten, muss erst einmal geklärt werden, was Gluten eigentlich ist.
Was ist Gluten?
Grundlegend ist Gluten das wichtigste Speicherprotein von vielen Getreidearten und kommt u.a. in Weizen, Gerste, Roggen und Grünkern vor. Vielleicht kennst du es unter der Bezeichnung „Klebereiweiß“. Diese Bezeichnung ist tatsächlich sehr zutreffend, denn Gluten bindet Wasser und hat eine stabilisierende Wirkung. Als Emulgator und Träger von Aromastoffen wird es daher gerne in Fertiggerichten, Saucen und in der Lebensmitteltechnologie als Hilfsstoff eingesetzt. Eine für viele Haushalte wichtige Eigenschaft des Glutens ist die tatsächliche Klebeeigenschaft, die vor allem beim Brotbacken zum Einsatz kommt und den gesamten Prozess erleichtert. Gluten sorgt nämlich dafür, dass der Teig elastisch ist und beim Backen schön aufgeht und dein Lieblingsbrot entsteht. Brot ist immer noch ein sehr essentielles und beliebtes Lebensmittel, so kaufte ein deutscher Haushalt im Jahr 2023 durchschnittlich 40,7 kg Brot.
Gluten ist in Alkohol löslich und kann in Gluteline und Prolamine unterteilt werden. Nach heutigem Wissensstand sind Gluteline aller Getreide harmlos. Ursache für Allergien und Unverträglichkeiten sind die Prolamine, insbesondere die von Weizen sowie die der botanischen nahen Verwandten Dinkel und Einkorn.
Aber was genau machen diese Prolamine?
Effekte von Gluten
Wie du wahrscheinlich weißt, wird Gluten oft als Ursache für Allergien oder Unverträglichkeiten angesehen. Doch auch da gibt es immer wieder unterschiedliche wissenschaftliche Meinungen. Wichtig zu bedenken ist, dass Gluten zwar ein fester Bestandteil der Lebensmittelindustrie ist, jedoch nur einen geringen Nährwert hat.
Hast du auch schon einmal Mehl mit Wasser verrührt? Wenn ja, weißt du, dass dank des Glutens schnell eine klebrige und zähe Masse entsteht. Ideal zum Brotbacken, aber ein Problem für deinen Darm. Denn dort bindet sich bestimmte Gliadinkomponeten an die Darmrezeptoren, was die dichte Verbindung zwischen Darmrezeptor und Darmwand zerstört. Diese Verbindungen sind jedoch wichtig, da sie die Dünndarmzellen zusammenhalten und verhindern, dass Nahrungsteilchen über die Darmwand in den Blutkreislauf sickern. Wird die Darmwand durchlässig, entsteht das sogenannte Leaky-Gut-Syndrom und unvollständig verdaute Nahrungsbestandteile und Giftstoffe können ungehindert in den Blutkreislauf gelangen.
Das wiederum hat zur Folge, dass der Körper sein Abwehrprogramm einschaltet und den Angriff mit einer Immunreaktion beantwortet. Diese findet bereits im Darm statt und wird mit der Produktion von T-Zellen gegen das Gliadin eingeleitet. In einer zweiten Immunreaktion entsteht dann der Anti-Gliadin-Antikörper. Prinzipiell ist dies nichts Schlechtes, jedoch führt diese Immunreaktion mit der Zeit zu erheblichen Entzündungen im Darm und fördert die Zerstörung der Dünndarmzotten, da sich Gliadin bereits an das Gewebe gebunden hat. Diese Immunreaktionen führen im schlimmsten Fall zu der chronischen Krankheit Zöliakie.
Die Entzündungen in der Darmschleimhaut führen dazu, dass sich die Zotten immer mehr zurückbilden und sich somit die Oberfläche des Dünndarms verringert. Folglich kann der Körper nicht mehr ausreichend Nährstoffen aufnehmen und mit der Zeit entsteht ein erhebliches Nährstoffdefizit, was die Ursache für verschiedene Beschwerden ist.
Hinzukommt noch, dass Gliadin, einem Enzym, welches für die Bildung chemischer Verbindungen im Körper, sehr ähnlich ist. Dieses Enzym (Transglutaminase) ist in vielen vorhanden, wobei die Schilddrüse eine sehr hohe Konzentration aufweist. Greifen die Antikörper im Rahmen der Autoimmunreaktion das vorhandene Gliadin an, greifen sie auch die Schilddrüse an. Hält diese Reaktion länger an, kann das zu erheblichen Schäden an der Schilddrüse führen. Die Folge ist eine unproduktive oder inaktive Schilddrüse, was in Störungen der Hormonsynthese und des Stoffwechsels enden kann. Gleichzeitig wird der Energiehaushalt sowie das Gewicht beeinflusst.
Die beschriebene Zöliakie kann man als Endstufe der Unverträglichkeit betrachten, die sich nur bei einem kleinen Teil der Bevölkerung entwickelt. Es gibt aber auch eine Glutensensitivität, die auch als Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität bezeichnet wird. Hier handelt es sich nicht um eine autoimmune Erkrankung, sondern um eine Empfindlichkeit gegenüber Gluten. Das bedeutet, dass nach dem Verzehr glutenhaltiger Produkte ähnliche Symptome wie bei einer Zöliakie auftreten, ohne dass der Dünndarm angegriffen wird.
Vielleicht fragst du dich gerade, ob du Gluten überhaupt verträgst. Hier sind einige typische Beschwerden, die auf eine mögliche Sensitivität hindeuten können:
- Durchfall
- Bauchschmerzen
- aufgeblähter Bauch
- Gewichtsverlust
- Müdigkeit
- Blutarmut
- Schlafstörungen
- Migräne
- Depression
- Konzentrationsschwäche
- Stimmungsschwankungen
- Gelenkschmerzen
- Osteoporose
- Kribbeln in Armen oder Beinen
- Knochen- und Muskelschmerzen
Wenn du dir nicht sicher bist, ob du Gluten gut verträgst, gehe am besten zu deinem Hausarzt. Über Bluttests kann dein Arzt eine Diagnose stellen. Gerade als Frau kann das wichtig sein, da sich eine Unverträglichkeit auf deine Fruchtbarkeit auswirken kann.
Besonders bei Frauen kann eine Zöliakie zu einer verspäteten ersten Regel und Problemen beim Schwangerwerden führen. Des Weiteren kann es in einigen Fällen zu einer Verringerung der Ovarien kommen, was wiederum zu einer verfrühten Menopause zur Folge hat.
Und damit nicht genug, denn die Probleme bei der Nährstoffaufnahme können zu folgenden Beschwerden führen:
- Anämie
- Vitaminmangel
- Gewichtsverlust
- unregelmäßige Monatszyklen
- ausbleibende Menstruation
- Ovarialinsuffizienz
Des Weiteren kann eine nicht behandelte Zöliakie das Risiko von Fehlgeburten, Frühgeburten und Wachstumsstörungen des Babys führen. Das daraus entstehende Untergewicht beeinflusst folglich die weitere Entwicklung des Kindes.
Doch nicht nur die Frau ist betroffen, auch auf die Spermienqualität der Männer kann sich eine Zöliakie oder Glutensensitivität auswirken.
Vielleicht bist du nun etwas beunruhigt, da Gluten doch in sehr vielen Lebensmitteln enthalten ist und somit der Verzicht darauf nicht so einfach ist. Das stimmt, doch mache dir nicht allzu viele Sorgen. Zum einen kannst du dich bei deinem Hausarzt untersuchen lassen und mit etwas Zeit und Geduld klappt auch eine Ernährungsumstellung. Doch worin ist Gluten eigentlich enthalten?
Glutenhaltige Lebensmittel
Wenn du sichergehen möchtest, dass kein Gluten in deinen Lebensmitteln enthalten ist, musst du dir wohl oder übel die Zutatenliste genauer anschauen. Achte darauf, dass folgende Zutaten nicht enthalten sind:
- Gluten
- Weizen & Weizenstärke
- Weizeneiweiß
- Weizenkleber
- Gerste
- Gerstenmalz & -extrakt
- Roggen
- Dingel
- Grünkern
- Einkorn
- Kamut
- Bulgur
- Emmer
- Triticale
- Seitan
Auch wenn Hafer ein Getreide ist, scheiden sich hier immer noch die Geister. Prinzipiell enthält Hafer weniger immunaktive Gluten-Proteine, weshalb die meisten Personen mit einer Glutensensitivität oder Unverträglichkeit es gut vertragen.
Aufgrund der praktischen Eigenschaften von Gluten lohnt sich ein Blick auf die Zutatenliste der verarbeiteten Lebensmittel. Auf jeden Fall solltest du folgende Nahrungsmittel genauer unter die Lupe nehmen:
- Saucen
- Suppen
- Frischkäse
- Cornflakes
- Brotaufstriche
- Wurst
- Schokolade
- Chips
- Fruchtriegel
- Marmeladen
- Fertiggerichte
- Kroketten & Pommes
- Frittiertes
- Light-Produkte
- vegane Käse- und Wurstersatzprodukte
- Eiscreme
-
Eingelegte Speisen
Mittlerweile gibt es bereits viele glutenfreie Lebensmittel, sind diese jedoch gesund und ohne Vorsicht zu genießen?
Glutenfreie Lebensmittel
Natürlich erleichtern dir glutenfreie Lebensmittel die Ernährungsumstellung, jedoch sind sie oft auch einfach teurer. Hinzukommt, dass sie nicht in jedem Supermarkt zu finden sind und oftmals auch geringere Mengen enthalten.
Des Weiteren gilt auch hier die Zutatenliste genauer anzuschauen, da glutenfreie Lebensmittel oftmals viele Zusatzstoffe enthalten, um beispielsweise die Backeigenschaften und das „Mundgefühl“ zu optimieren. Denn keiner will Muffins backen, die am Ende nicht fluffig sind und eine komische Konsistenz haben.
Vielleicht kommt bei dir gerade die Frage auf, was du dann überhaupt essen kannst.
Übersicht
Natürlich musst du nicht auf alle glutenfreien Lebensmittel verzichten, sondern solltest diese immer mit etwas Vorsicht genießen.
Eine glutenfreie Ernährung fordert Geduld, Kreativität, aktives Handeln und Umstellung. Denn dein vielleicht geliebtes Brot oder Gebäck vom Bäcker ist wahrscheinlich nicht mehr auf deiner Liste und Alternativen müssen her. Lass den Kopf jedoch nicht hängen, es gibt viele leckere glutenfreie Back- und Kochrezepte.
Hier eine Übersicht über glutenfreie Lebensmittel:
- Buchweizen
- Amaranth
- Eier
- Fisch und Meeresfrüchte
- Fleisch
- Gemüse
- Haferflocken (Achte auf die Verpackung)
- Hülsenfrüchte (Bohnen, Linsen, Erbsen, Kichererbsen, Soja)
- Mais
- Milch und Milchprodukte
- Nüsse und Kerne
- Obst
- Quina
- Reis
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Samen (Chiasamen, Leinsamen, Hanfsamen)
Wenn es mal schnell gehen muss oder du etwas backen möchtest, eignen sich folgende verarbeitete Produkte und Mehle:
- Mehl von Kastanien, Mandeln, Kokos, Soja, Lupinen, Buchweizen
- glutenfreies Müsli und Porridge
- Pasta und Reis aus Hülsenfrüchten
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Tofu und Tempeh
Wusstest du, dass du mit Buchweizen ein wirklich leckeres und unkompliziertes Brot backen kannst? Alles, was du dafür brauchst, ist Wasser, 500g Buchweizen, etwas Salz und Zeit.
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Fülle die 500g Buchweizen in eine Schüssel oder anderes Behältnis. Füge so viel Wasser hinzu, sodass der gesamte Buchweizen bedeckt ist. Das lässt du dann über Nacht einfach stehen.
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Am nächsten Morgen oder Mittag gibst du 1 TL Salz und 200ml hinzu und pürierst die eingeweichten Buchweizen. Nun lässt du dies über Nacht fermentieren.
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Am nächsten Tag kannst du den fertigen Teig in eine eingefettete oder ausgelegte Backform geben und das Brot bei 180 Grad ca. 50 Minuten backen.
TIPP: Wenn du möchtest, kannst du den Teig in der Brotform noch mit Nüssen bestreuen und somit eine weitere Geschmacksnote hinzufügen. Probier es einfach mal aus.
Fazit:
Unterm Strich ist Gluten kein Lebensmittel, das dein Körper unbedingt benötigt, weshalb du sicher nichts falsch machst, den Konsum so gering wie möglich zu halten. Wie mit so vielem ist es bei den meisten Menschen die Dosis. Eine Scheibe Sauerteigbrot zum Frühstück wird meistens noch gut vertragen, aber Nudeln zum Mittagessen und Kekse zwischendurch überfordern dann unsere Darmflora. Wenn du schon sehr wenig Gluten konsumierst und trotzdem Beschwerden hast, dann klär das auf jeden Fall mit einem Bluttest ab.
Quellenangabe
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Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V. (o. D.) Was ist Zöliakie?
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Instituot Bernabeu und Navarro, P. (2022) Wie beeinflusst die Zöliakie die Fruchtbarkeit? Und wenn man bereits schwanger ist?
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Müller, T. (2018) Ernährungsgewohnheiten : Glutenfreie Ernährung mit bitterem Nachgeschmack
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Österreichische Arbeitsgemeinschaft Zöliakie (ohne Datum) Zöliakie: glutenfreie Ernährung.
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Statista (2024) Durchschnittliche Einkaufsmenge Brot je Haushalt in Deutschland 2023.
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Statista (2024b) Umfrage in Deutschland zum Konsum glutenfreier Lebensmittel bis 2024.